Handel, Geld und Politik vom Mittelalter bis heute
Programm 2019/20
Dienstag, 08. Oktober 2019
Philipp Höhn (Halle)
Piratenbekämpfung? Beutestücke aus maritimer Gewalt und städtische Identität in Lübeck, Hamburg und Danzig (1427-1526)
Warum hängten die Lübecker und Hamburger Fahnen, die sie von Schiffen konkurrierender Gewaltakteure erbeutet hatten, in ihre Stadtkirchen? Warum ließ der Rat von Danzig in der Mitte der Marienkirche einen kostbaren Altar aufstellen, den der Danziger Ratsherr und Söldnerführer Paul Beneke kurz zuvor von einer Galeere der Medici gewaltsam weggenommen hatte? Solche Beutestücke zeigen, in welchem Maße Städte und Kaufleute gewaltsam handelten. Sie erzählen aber auch die Geschichte eines historischen Wandels, in dem Stadtgemeinden und Kaufmannsgenossenschaften sich zunehmend als Pirateriebekämpfer inszenierten und ihre Konkurrenten als angebliche "Piraten" und "Seeräuber" abwerteten. Dieser Wandel prägt unser Geschichtsbild bis heute - ihm soll im Vortrag nachgegangen werden.
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Dienstag, 05. November 2019
Prof. Dr. Gralf-Peter Calliess (Bremen)
Lex Mercatoria – Geschichte und aktuelle Bedeutung
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„Die Unfähigkeit von Gesellschaften, wirksam und mit geringen Kosten die Erfüllung von Verträgen zu sichern, [ist] die wichtigste Ursache sowohl historischer Stagnation wie auch der Unterentwicklung der Dritten Welt der Gegenwart“, schreibt der amerikanische Wirtschaftshistoriker und Nobelpreisträger Douglass C. North 1990. Die für den späteren Aufstieg Europas wichtigsten Institutionen wurden demnach im 13. Jahrhundert von den Markt- und Messegerichten der Champagne entwickelt. Der Vortrag spürt den historischen Entstehungsbedingungen dieses „selbst geschaffenen Rechts der Kaufmannschaft“ nach und fragt nach deren aktueller Bedeutung im Kontext von Globalisierung (Wirtschaftsschiedsgerichte) und Digitalisierung (Supreme Court of Facebook).
Dienstag, 10. Dezember 2019
PD Dr. Magnus Ressel (Frankfurt/Main)
Die Sklavenkassen Hamburgs und Lübecks und die hansische Solidarität des Gefangenenfreikaufs aus Nordafrika
Innerhalb weniger Jahre gründeten Hamburg (1622/24) und Lübeck (1627/29), die Kernstädte der Hanse sogenannte „Sklavenkassen“. Diese waren öffentliche Pflichtversicherungen für die heimischen Seefahrer, die sich durch ihre Einzahlungen gegen die Gefahr der Gefangenschaft in Nordafrika durch die muslimischen Korsaren der Barbareskenstaaten schützten. Beide Kassen bestanden bis ins 19. Jahrhundert und kauften insgesamt einige Tausend gefangengenommene Seeleute gegen Lösegeld aus Nordafrika frei. Wenig bekannt ist, dass diese Kassen auch eine „hansische“ Dimension hatten. So halfen diese Kassen sich immer wieder gegenseitig und gaben auch Gelder für den Freikauf von Seeleuten der weiteren Hansestädte, die im Verlauf des 16. und 17. Jahrhunderts den Bund verlassen hatten. Im Vortrag werden die Sklavenkassen eingehend vorgestellt und die Spenden- und Freikaufssolidarität zwischen den Kernstädten und den weiteren Mitgliedern der alten Hanse als ein wichtiger Aspekt der späten Hansegeschichte herausgearbeitet.
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Dienstag, 14. Januar 2020
Dr. Ulla Kypta (Hamburg)
Kaufleute und ihre Vertreter: Expansion und Spezialisierung im spätmittelalterlichen Nordeuropa
Auch im Mittelalter erledigten Kaufleute nicht alle ihre Geschäfte selbst. In vielen Angelegenheiten liessen sie sich vertreten. Lübecker Kaufleute schickten ihre Vertreter auf die Antwerpener Messen, um für sie Tuche einzukaufen; oder sie bestimmten Vertreter, die in ihrem Namen in Braunschweig Schulden einzogen. Der Vortrag diskutiert, wie solche Vertretungsbeziehungen im Nordeuropa des späten Mittelalters funktionierten. Wie einigte sich ein Lübecker Kaufmann mit seinem Vertreter, was er in Antwerpen tun sollte? Wie überzeugte der Vertreter die Antwerpener davon, dass er für den Lübecker zu handeln berechtigt war?
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Dienstag, 11. Februar 2020
Dr. Nicolai Clarus (Lentföhrden)
Der Seesöldner Bartholomäus Voet zwischen Realität und Wunschvorstellung
Als Anführer einer Söldnertruppe, welche die wendischen Hansestädte in ihren Kriegen zur See unterstützte, machte sich Bartholomäus Voet im 15. Jahrhundert einen Namen. Verschiedene Chronisten des Spätmittelalters berichteten noch zu seinen Lebzeiten von Voets angeblichen Heldentaten und ließen die Grenzen zwischen Realität und Fiktion dabei immer weiter verschwimmen. Nach seinem Tode geriet Bartholomäus Voet in Vergessenheit und spielt bis heute keine Rolle im allgemein vorherrschenden Geschichtsbild der Hansezeit. Im 19. Jahrhundert hatte seine Person jedoch eine kurze literarische Wiederauferstehung im Rahmen der aufkommenden gesellschaftlichen und sozialen Fragen des frühindustriellen Zeitalters erlebt. Entsprechend beleuchtet der Vortrag nicht nur die gesicherten Erkenntnisse zu Bartholomäus Voets Lebensweg, sondern widmet sich erstmals auch der späteren literarischen Rezeption und teils skurrilen Umdeutung seiner Person und Handlungen.
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Dienstag, 10. März 2020
Prof. Dr. Marc von der Höh (Rostock)
Wirtschaft und Verwandtschaft im Spiegel früher städtischer Schriftlichkeit: Das Beispiel Köln
Der Vortrag fragt nach der Bedeutung von Verwandtschaft für die Organisation des Wirtschaftslebens in der hochmittelalterlichen Stadt. Das verbreitete Narrativ geht davon aus, dass das mittelalterliche Wirtschaftsleben wesentlich durch verwandtschaftliche Organisationsformen geprägt war. Ausgehend von der frühen Kölner Schreinsüberlieferung lässt sich zeigen, dass man jedoch auch eine andere Geschichte verfolgen kann: Frühe Formen städtisch-kommunaler Schriftlichkeit dienten nicht zuletzt dem Zurückdrängen verwandtschaftlicher Bindungen der wirtschaftlichen Akteure. Die Ausbildung bürgerlicher Freiheit bestand somit nicht nur im Zurückdrängen herrschaftlicher Abhängigkeiten, sondern setzte auch eine Befreiung der Akteure von den Handlungsbeschränkungen voraus, die sich aus der nicht selbst gewählten Zugehörigkeit zu verwandtschaftlichen Gruppierungen ergaben.
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