Handel, Geld und Politik 2024/25
Die Vortragsreihe "Handel, Geld und Politik vom Mittelalter bis Heute" lädt Sie regelmäßig zu Abendvorträgen zur Wirtschafts-, Kultur und Gesellschaftsgeschichte ins Europäische Hansemuseum Lübeck ein.
Einige Vorträge sind zusätzlich im Livestream um im Nachgang auf YouTube zu sehen!
Für die Vorträge gilt eine Personenbeschränkung, wir bitten daher um verbindliche Anmeldungen. Buchen Sie dafür bitte Ihr kostenfreies Ticket ab September über den Online Shop des Europäischen Hansemuseums. Die Vorträge beginnen immer um 18 Uhr (abgesehen vom Termin am 12. Dezember 2024).
Programm
Dienstag, 08. Oktober 2024
Prof. Dr. Albrecht Cordes (Universität Frankfurt am Main)
Niederdeutsch-russischer Geschäftsalltag um 1600. Das Sprachlernbuch des Tönnies Fenne
Das jüngste der Dokumente zur hansischen Geschichte, die 2023 in das Welterbe der UNESCO aufgenommen worden sind, ist das niederdeutsch–russische Sprachlernbuch des Lübecker Kaufmanns Tönnies Fonne von 1607. In Anbetracht der Eiszeit seit dem russischen Überfall auf die Ukraine lohnt es sich, an gedeihlichere Zeiten der deutsch-russischen Zusammenarbeit zu erinnern.
Das Buch ist wichtig für das Verhältnis zwischen Recht und Sprache, genauer gesagt dafür, wie rechtliche Vorstellungen und Konzepte sich bei der Übertragung in eine andere Sprache verändern, und auch dafür, wie man über Sprachgrenzen hinweg Verträge schließt und dadurch auch ohne ein übergeordnetes gemeinsames Gericht rechtliche Verbindlichkeit herstellt. Dies soll anhand einiger typischer Phrasen, die deutsche Kaufleute gegenüber russischen Geschäftsfreunden verwenden konnten, vorgeführt werden.
Dienstag, 12. November 2024
Lisa Renn (Archäologie und Denkmalpflege Lübeck)
Mehr als nur ein Handelsplatz. Archäologische Untersuchungen zum Markt in Lübeck
Plätze dienten in den mittelalterlichen Städten als topographische und gesellschaftliche Zentren, die verschiedene Bereiche des städtischen Lebens vereinten. Manche Städte wurden bereits bei ihrer Gründung mit einem solchen freien Raum ausgestattet, wohingegen andere Städte Plätze nachträglich geschaffen haben. Auch in Lübeck lässt sich die Entwicklung einer Freifläche auf dem Hügelplateau zu einem urbanen Zentrum nachvollziehen. Obwohl seine Rolle als Handelsplatz seit dem 12. Jahrhundert bis weit in das 19. Jahrhundert durchaus dominierend war, wurden weitere Funktionen auf dem Markt verortet. Diese Zentralisierung wichtiger politischer, sozialer und wirtschaftlichen Funktionen führte zu einer Zunahme der Bedeutung des Marktes und machte ihn zu einem wichtigen Element im Stadtgefüge.
Dieser Vortrag möchte die Entwicklung des Lübecker Marktes von seinen Anfängen bis zu seiner späteren, zentralen Rolle in der Stadt, vor allem aus archäologischer Perspektive, darlegen, denn der Markt bietet weit mehr Facetten als »nur ein Handelsplatz«.
Dienstag, 10. Dezember 2024
Dr. Christian Manger (Tilburg University)
Zwischen Gemeinwohl und Geheimpolitik. Städtische Diplomatie im Ostseeraum 1470-1570
Streitigkeiten zwischen individuellen Bürgern, innerhansische Differenzen und »internationale« Auseinandersetzungen mit Fürsten und Konkurrenten – im fünfzehnten und sechzehnten Jahrhundert sahen sich die Räte hansischer Städte mit einer großen Anzahl von Konflikten konfrontiert, die sie vor besondere Herausforderungen stellten. So bildete der Stadtrat zwar die wichtigste formelle Institution der städtischen Konfliktführung, wenn es um Auseinandersetzungen ging, die die Grenzen der Stadt überschritten. Zugleich stellten diese Grenzen aber auch die Endpunkte der eigenen politischen und rechtlichen Autorität dar. Konflikte die über die Mauern der Stadt hinausreichten erforderten daher, dass Stadträte verhandelten mit Akteuren und Institutionen jenseits des eigenen Machtbereichs und, mit anderen Worten, diplomatische Beziehungen führten. Überdies besaß jeder Stadtrat verschiedene, überlappende und ambige politische Funktionen und Verantwortungen, die es zu balancieren galt: als städtische Obrigkeit, als hansischer Partner oder in der hierarchischen Beziehung zu einem Stadtherren. Dieser Vortrag möchte einen Eindruck davon geben, wie städtische Räte diesen Herausforderungen begegneten, sowohl durch Konzepte von Gemeinwohl und Reziprozität, als auch durch Praktiken der Geheimpolitik.
Donnerstag, 12. Dezember 2024 (Kooperationveranstaltung) - Beginn: 17 Uhr
Dr. Alexander Krey (Bürgermeister der Stadt Mühlheim am Main)
Der legendäre »Hansesaal« im Rathaus zu Lübeck
Der heute nicht mehr existente „Hansesaal“ des Rathauses wirft immer wieder Fragen auf und ist auf seine Weise auch legendenumwoben. 1818 wurde der alte und inzwischen reichlich verwahrloste Hansesaal – die „ungeheure, dunkle, schmutzige Scheune“ – entkernt und umgebaut. Von ihm ist neben einer Zeichnung nur die Gestühlswange einer Sitzbank erhalten, auf denen die Gesandten der Hansestädte Platz nahmen. 172 allgemeine Hansetage fanden zwischen 1358 und 1669 statt davon 129 in Lübeck.
Herr Dr. Krey wird in seinem Beitrag über die (Bau-) Geschichte des Saales und seine Funktion berichten. Vertiefte Forschungen zu dem Saal fehlten bislang, mit seinen Forschungen liegen nun viele neue Erkenntnisse vor.
Kooperationsveranstaltung des Archivs der Hansestadt Lübeck, des Vereins für Lübeckische Geschichte und Altertumskunde und des Europäischen Hansemuseums Lübeck.
Der Vortrag findet im Audienzsaal des Rathauses zu Lübeck statt, Anmeldung bitte unter: https://vlga.de/de/geschaeftsstelle
Weitere Informationen zu den Vorträgen des VLGA finden Sie hier.
Dienstag, 14. Januar 2025
Prof. Dr. Gregor Rohmann (Universität Rostock)
»Zeugen einer glanzvollen Epoche deutscher Weltgeltung«. Die Norddeutsche Backsteingotik im Blick der NS-Zeit
Donnerstag, 23. Januar 2025 (Kooperationsveranstaltung von dem VLGA)
Dr. Hartmut Bettin (Universität Greifswald)
Pilgerfahrten in Stralsunder und Lübecker Bürgertestamenten als Spiegel bürgerlicher Religiosität
Millionen Pilger waren im Mittelalter unterwegs. Bekannt sind vor allem die Funde vielfältigster Pilgerzeichen aus Rom, Santiago de Compostela, Aachen, Einsiedeln, Wilsnack und von anderen Wallfahrtsorten. Neben archäologischem Material und Mirakelberichten liefern aber gerade auch die in diesem Zusammenhang noch wenig untersuchten Testamente wichtige Erkenntnisse für die Erforschung des Wallfahrtswesens in den norddeutschen Hansestädten.
Anhand von Testamenten lassen sich zeitliche Veränderungen des Wallfahrtsverhaltens und im Heiligenkult sowie in der Schwerpunktverlagerung der Heilserwartung erfassen. Zudem können die wichtigsten Pilgerrouten nachgezeichnet, Nebenfunktionen von Wallfahrten erfasst, die Kosten von Pilgerfahrten ermittelt oder soziale Einordnungen wallfahrender Testatoren vorgenommen werden.
Im Zentrum der Betrachtung stehen Stralsunder und Lübecker Bürgertestamente aus dem 14. und 15. Jahrhundert.
Anmeldung bitte unter: https://vlga.de/de/geschaeftsstelle.
Weitere Informationen zu den Vorträgen des VLGA finden Sie hier.
Dienstag, 11. Februar 2025
Christian Ashauer (Helmut-Schmidt Universität)
Eine »Sonderhanse« an der Amstel? Die »Hamburger Bruderschaft« in Amsterdam
Denkt man an hansische Handelsplätze in den Niederlanden, kommt einem zumeist Brügge oder Antwerpen in den Sinn. Wie aber verhielt es sich mit Absatzmärkten in den nördlichen Niederlanden? Fremde Kaufleute - insbesondere aus Hamburg - lassen sich beispielweise in Amsterdam seit der Gründung der Stadt beobachten. Abgesehen von deren Bierhandel, ist über ihre Aktivitäten vor Ort allerdings nur wenig bekannt. Bildeten sie möglicherweise dort eine gesonderte Hansegemeinschaft? Das Rechnungsbuch einer lokalen Bruderschaft vornehmlich aus dem 16. Jahrhundert verspricht hier ein wenig Licht ins Dunkel zu bringen.
Dienstag, 11. März 2025
Dr. Angela Huang (FGHO Lübeck)
Von Tagen und Städten: Wie die Deutsche Hanse als Zusammenschluss von Städten entstand
Die Versammlungen der Hansestädte sind etwas historisch Besonderes, ohne sie wäre die Wirtschaftspolitik der Hanse nicht möglich gewesen. Traditionell wird ihre Entwicklung ins 14. Jahrhundert datiert und oft mit einer zunehmend wirtschafts- und politisch aktiven Deutschen Hanse verknüpft. Diese Entwicklung wird in dem Vortrag hinterfragt und argumentiert, dass die Zeit bis zum frühen 15. Jahrhundert vielmehr als eine Phase des Entstehens und der Erkundung der Versammlungskultur der Hansestädte betrachtet werden sollte. Erst im frühen 15. Jahrhundert dentstand der »Hansetag« als etwas speziell Hansisches.